Rutenbau
(Eine komplette Anleitung)
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Nachteile des Selbstbauens
Einige Zeitgenossen sehen den Eigenbau als Manko an, wie man es u.a. auch bei den Versteigerungserlösen bei ebay ablesen kann. Das Motto scheint zu gelten: Ist ja "nur" selbstgemacht.
Aber welche Gerätefirma steckt soviel Arbeitszeit und soviel persönliche Erfahrung in eine einzelne Rute wie ein Selbstbauer.
Mich interessiert nicht der Name, der draufsteht, sondern die Leistung. Da mir keine weiteren Nachteile einfallen, kommen wir schon zum Kapitel . . .

Vorteile des Selbstbauens
1. Der Materialpreis ist wesentlich niedriger als die Fertigrute.
2. Ich kann  J E D E S Teil individuell anpassen.
3. Die Rute wird leichter.
4. Ich W E I S S , dass die Rute ordentlich verarbeitet wurde.
5. Selbstbauen ist viel einfacher, als man denkt.
6. Ich weiss, was die Rute kann.
 


Nun zu den einzelnen Schritten:

Kauf einen Blank, der dir gefällt, z.B. weil dir die Fertigrute gefällt. Weiter such dir einen Korkgriff, den Spacer, den Rutenhalter, einen Abschlussring, die Rutenringe und den Bindefaden aus. Was Du zusätzlich benötigst, ist Tesakrepp, UHU-Sofortfest-2-Komponentenkleber und Skalpell.

Ermittlung des Overlaps
Zuerst wird der Overlap ermittelt. Der Overlap (Überlappung) entsteht bei der Blankherstellung dadurch, dass die konische Kohlefasermatte sich an einer Stelle überlappt, wenn sie auf den Stahlkern gewickelt worden ist. Dieses ist produktionstechnisch bedingt und kann beim Bau der Rute ausgenutzt werden. Der Overlap ist die etwas dickere Seite des Blanks, die dadurch auch härter ist. Den Overlap kann man auf verschiedene Weisen ermitteln.

Meine Methode:
Halte die Spitze des Blankteils gegen eine glatte Oberfläche und ziehe mit einem darübergelegten Faden die Mitte des Blanks nach unten, während du das Oberteil nach oben drückst. Der Blank "springt" nun in eine bestimmte Richtung, so dass der Overlap (weil er härter ist) unten liegt. Der Overlap wird mit einem Punkt markiert. Das selbe jetzt noch einmal mit geschlossenen Augen, den Blankteil durchbiegen, so wie er gesprungen ist, festhalten, Augen auf: Der Markierungspunkt muss wieder unten sein. So wird das mit allen Blankteilen gemacht, je dicker das Teil je schwieriger.

Der Overlap ist äußerst wichtig für den Aufbau der Rute, bei Fertigruten habe ich schon die tollsten Sachen festgestellt, die z.B. dazu führten, dass die Schnur beim Vorschwung immer seitlich wegflog. Wir stellten fest, dass der Overlap nicht beachtet worden war und bei allen Blankteilen differierte. Es war eine Markenrute!

Ich persönlich mag eine schnelle Rute und brauche die Kraft beim Vorschwung, also wickele ich meine Ringe genau auf den Overlap. Die härtere Seite ist jetzt vorn an der Rute und kommt beim Vorschwung zum Tragen.
Wer eine ausgeglichene Rute mag, wickelt die Ringe um 90 Grad verdreht zum Overlap, aber bitte 90 Grad immer in eine Richtung!
Für leichteres Abheben der Schnur vom Wasser und einen weicheren Vorschwung, werden die Ringe gegenüber des Overlaps angewunden.

Griffteil
Jetzt schiebe ich den Rollenhalter und den Spacer auf das Handteil und lege den Kork so daneben, wie er später sitzen soll.Die Stelle des oberen Korkgriffendes markiere ich mit einem Edding auf dem Blank. Dies macht man übrigens schon beim Kauf, da man den genauen Innendurchmesser des Abschlussringes benötigt. Dieser sitzt dann über dem Korkgriff.
Einen steifen Draht biege ich wie ein U, so dass die beiden Schenkel aneinanderliegen und lasse dabei einen Schenkel etwas länger. Den Draht spanne ich in eine regelbare Bohrmaschine ein und klemme einen 80er Schleifpapierstreifen ein, der so lang wie der Kork ist. Nachdem der Streifen aufgewickelt wurde, wird der Draht mit dem Schleifpapier in den Kork gesteckt und los gehts. Die Bohrung im Kork wird so gleichmäßig geweitet. Ich probiere immer wieder, wie weit der Kork schon passt, bis die Eddingmarkierung zum Vorschein kommt. Der Kork soll bis dorthin zu schieben sein und nicht so stramm sitzen, dass er anfängt zu quietschen. Mit einer Minibohrmaschine und Fräskopf o.ä. den Kork am Unterteil so ausnehmen, dass das obere Rollenhalterteil eng hineinpasst.
Jetzt werden an der Stelle, an der der Spacer später sitzt, 2 Lagen Krepp stramm so aufgewickelt, dass der Spacer sich gerade darüberschieben lässt.   So, die Vorarbeiten sind erledigt. Das Krepp wird großzügig mit Kleber bestrichen und der Spacer aufgeschoben. ACHTUNG: Evtl. schon jetzt den Overlap beachten, falls der Spacer eine Ausnehmung für die Rolle hat.
Gleich danach das untere Rollenhalterteil mit aufkleben, dabei Overlap beachten. Nach diesem Arbeitsschritt 1/2 Stunde ruhen lassen, bis der Kleber 100%ig abgebunden ist.
Dann den Blank mit Kleber bestreichen, die Ausnehmung am unteren Korkende mit Kleber bestreichen, das obere Rollenhalterteil einkleben und alles zusammen über den Blank nach unten schieben bis kurz vor den Spacer. Hier nochmal großzügig Klebe verteilen und alles zusammenschieben unter Beachtung der Flucht der beiden Rollenhalterteile. Falls Klebe an den Blank gerät, sofort mit Lappen entfernen. Nach diesem Arbeitsschritt 1/2 Stunde ruhen lassen, bis der Kleber 100%ig abgebunden ist.
Den Abschlussring über den Blank schieben und mit wenig Kleber festkleben.
So, das Griffteil ist soweit fertig und eigentlich auch der aufwendigste Part der Rute.
Jetzt geht es an die . . .


Ringe
Die Anordnung der Ringe könnt ihr der folgenden Tabelle entnehmen, eine Tabelle habe ich aus einem alten Katalog von ASH, die andere ist aus einem dänischen FliFi-Katalog (Korsholm in Skjern).



Alternativ könnt ihr euch ein Ring-Berechnungstool auf MS-Excel-Basis hier downloaden.
Die Berechnung erfolgt auf Basis des natürlichen Logarithmus


Die Rute wird zusammengesteckt (Overlap!), der Spitzenring aufgeklebt mit Heisskleber und die Ringe gemäß der Tabellen am Blank mit Tesafilm festgeklebt. Jetzt gehe ich mit der Rute auf die Wiese. Erst wird die Rute leer in Schwingungen versetzt. Wie man sieht, schwingt die Rute oben und unten, an einer Stelle steht sie. Hier MUSS ein Ring sitzen, wenn nicht, wird einer dahin verschoben, die anderen maßstabsgetreu mit. Jetzt wird probegeworfen. Wer will kann die Ringe jetzt bequem um 90 Grad oder 180 Grad drehen, um festzustellen, welche Ringlage ihm am besten liegt. Das kann man übrigens auch vor Fertigung des Griffteils machen, falls man sich unsicher ist.
Jetzt gehts ans Wickeln. Man kann ohne Probleme mit der Hand wickeln. Dazu befestigt man die Bindegarnrolle am Tisch und wickelt auf sie zu. Bequemer geht´s mit einer Wickelbank, die man kaufen kann . . . oder selbst bauen. Ich hab mir natürlich eine selbstgebaut. Materialaufwand: 2 gekaufte Keramikrutenringe und Reste aus dem Keller. Das wichtige ist, dass das Bindegarn stramm aufgewickelt wird.

Ich entferne einen Tesafilmstreifen und winde einen Ring an. Ich winde auf dem Blank eine Umdrehung weg vom Ring und die folgenden hin, so dass ein Stück des Bindegarnanfangs überwunden wird. Nach ca. 10 Windungen schneide ich den Anfang ab und wickle bis 2 mm vor die Ringsteigung. Hier überwickle ich eine Schlaufe 20er Monofil ca. 4-5 mal drücke das Bindegarn mit einem Finger an und schneide es ab. Das Ende stecke ich durch die Schlaufe und ziehe es damit unter den 4-5 Wicklungen durch. Das herausstehende Stück schneide ich mit einem Skalpell unter Zug äußerst knapp an der Wicklung ab.
Das mache ich mit allen Ringen so. Die Steckverbindungen werden ebenso gewickelt, ich persönlich überwickle hier und auch beim Leitring doppelt, einmal hin und zurück. Weiter winde ich über dem Kork noch einen Hakenhalter an.

Lackierung der Rute
Wozu? Kostet nur Lack und Gewicht, die Rohlinge sehen so schön genug aus.

Lackierung der Ringwicklungen
Heikles Thema, wer hier spart, hat später viel Ärger. Es soll schon ein guter 2-Komponenten-Bindelack sein, z.B. Flexi-Coat.Man kann ohne Probleme mit der Hand lackieren. Dabei muss man die Rute allerdings 2 Stunden lang drehen, damit der Lack keine Nasen bildet. Bequemer geht´s mit einer Rutendrehbank, die man nicht kaufen kann, aber man kann sie sich . . . selbst bauen.
Materialaufwand: Scheibenwischermotor vom Schrottplatz und Reste aus dem Keller [und dem Kinderzimmer ;-)].

Nach der Lackierung 24 Stunden im warmen durchtrocknen lassen, FERTIG!!
 

Da sag noch mal einer: Ist ja nur 'ne selbstgebaute. Wer alles beherzigt, hat für weniger Geld eine wesentlich besser verarbeitete und qualitativ hochwertigere Rute als die entsprechende Fertigrute. Die Gewichtsersparnis beträgt gegenüber der Fertigrute 10 bis 20 Gramm, das sind Dimensionen, wie mir jeder FliFi'er bestätigen wird. Und nun ran an die Arbeit.